Privater Parkplatzbetreiber muss bei Vertragsstrafe Fahrer in Anspruch nehmen

Wer kennt das Geschäftsmodell nicht – außerhalb der Geschäftszeiten werden private (vornehmlich Discounter-)Parkplätze gegen Entgelt auch der Öffentlichkeit zum Abstellen von Fahrzeugen zur Verfügung gestellt.

Wird kein Parkschein gelöst wird das Kennzeichen des Fahrzeugs dokumentiert und der Halter für die vermeintlich angefallene Vertragsstrafe in Anspruch genommen. Diese beträgt oftmals ein Vielfaches der zu entrichtenden Parkgebühr zuzüglich diverser weiterer Kosten.

Ungeachtet der im Einzelfall zu beurteilenden Frage, ob der Vertrag überhaupt wirksam mit dem Fahrer abgeschlossen wurde, hat das Landgericht Schweinfurt mit Urteil vom 02.02.2018 dieser Praxis eine klare Absage erteilt. So besteht insbesondere kein Anscheinsbeweis, dass der Halter eines Fahrzeugs regelmäßig auch dessen Fahrer ist:

Ein typischer Geschehensablauf dahingehend, dass der Halter eines PKW regelmäßig auch dessen Fahrer ist, kann jedoch nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht angenommen werden. Es ist vielmehr häufig der Fall, dass ein PKW z.B. innerhalb einer Ehe oder Familie von verschiedenen Personen gefahren wird oder der PKW überhaupt nicht regelmäßig vom Halter genutzt wird, weil z.B. aus versicherungstechnischen Gründen lediglich die Zulassung auf diesen erfolgte.

Auch erkannte das Landgericht Schweinfurt im vorliegenden Fall für den Parkplatzbetreiber keinen Auskunftsanspruch dahingehend, dass der Halter mitteilen müsste, ob er selbst bzw. welche andere Person den PKW gefahren hat:

Eine etwaige sekundäre Darlegungslast bzw. ein Auskunftsanspruch dahingehend, dass der Kläger mitteilen müsste, welche andere Person den Pkw gefahren hat bzw. hierfür in Betracht kommt, spielt in diesem Rechtsstreit keine Rolle. In diesem Verfahren kann es nur darum gehen, ob der Kläger Fahrer des Fahrzeuges war und dieses auf dem Parkplatz abgestellt hat; welche andere Person dies getan haben mag ist hier unerheblich, da hierdurch keine vertragliche Beziehung mit dem Kläger zustande gekommen sein kann.

Eine sekundäre Darlegungslast bezüglich des Umstandes, ob der Kläger selbst den Pkw auf dem Parkplatz abgestellt hat, besteht hier nicht. Den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei trifft in der Regel eine sekundäre Darlegungslast, wenn die primär darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat, während dem Prozessgegner nähere Angaben dazu ohne Weiteres möglich und zumutbar sind (BGH, Urteil vom 08.01.2014, I ZR 169/12).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, insbesondere kann eine entsprechende sekundäre Darlegungslast nicht unter entsprechender Anwendung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs über den Nachweis von Urheberrechtsverletzungen durch Nutzung eines Internetanschlusses begründet werden. Anders als bei dem Sachverhalt, dass von mehreren Angehörigen eines Haushaltes eine Person bestimmte Handlungen über einen Internetanschluss vorgenommen hat, stehen der Beklagten ausreichende Erkenntnismöglichkeiten zur Verfügung, um festzustellen, ob der Kläger den PKW auf dem Parkplatz abgestellt hat. Die Beklagte muss ohnehin durch Personal und/oder technische Maßnahmen, z.B. eine Videoüberwachung, feststellen, welche Fahrzeuge mit welchem Kennzeichen auf dem Parkplatz abgestellt werden. Auf die gleiche Art und Weise ist es für die Beklagte dann auch grundsätzlich möglich festzustellen, wer der Fahrer des Fahrzeuges ist, spätestens bei der Rückkehr zum Fahrzeug, auch wenn dies mit einem Mehraufwand für die Beklagte verbunden sein mag. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte hier lediglich vertragliche Ansprüche aufgrund einer aus ihrer Sicht mit dem Kläger zustande gekommenen Vereinbarung geltend macht, während den Ansprüchen wegen Urheberrechtsverletzungen eben eine Rechtsverletzung zugrunde liegt. Wer sich eines Anspruches aus einer vertraglichen Vereinbarung berühmt muss grundsätzlich erst einmal selbst dafür Sorge tragen, dass er weiß, mit wem denn diese vertragliche Vereinbarung zustande gekommen sein soll.




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Günter Grüne
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